Nürnberger Zeitung: »Acht Stunden für die Stadtfinanzen«

Stadt will mehr für Bildung und Brücken ausgeben

Angesichts von 56 Millionen Euro neuen Schulden und einer Rekordverschuldung der Stadt mit ihren Eigenbetrieben von insgesamt 1,7 Milliarden Euro hätte der Stadtrat für den Haushalt 2010 eigentlich überhaupt keine neuen Ausgaben beschließen dürfen. Durch das Hinausschieben zahlreicher Projekte konnten trotz der Einnahmeausfälle bei der Gewerbesteuer in einer Höhe von mehr als 50 Millionen Euro Spielräume für neue Vorhaben geschaffen werden.

Die Stadt schafft im nächsten Jahr insgesamt 141 neue Stellen. «Das ist grenzwertig, aber gerade noch vertretbar», sagt Organisationsreferent Wolfgang Köhler. Die Stellen kommen vor allem dem Kinderbetreuungsbereich, den Schulen und dem Hochbauamt zugute. Peinlich war, dass die Grünen durch eine Abstimmungspanne gegen 70 neue Stellen im Kinderbetreuungsbereich waren. 3,8 Millionen Euro werden in den nächsten Jahren für die Sanierung von Schultoiletten zur Verfügung gestellt. Die Bauverwaltung soll eine Dringlichkeitsliste mit den schlimmsten Toiletten in den Schulen erstellen. Sie soll Schritt für Schritt abgearbeitet werden.

Auf Anregung der CSU soll es ab 2011 eine neues Brückennotprogramm geben. «Wir brauchen klare Aussagen, wie es um die Brücken steht», sagte CSU-Fraktionschef Sebastian Brehm. Die Grünen hatten schon vor einiger Zeit ein Brückenkonzept gefordert. Kämmerer Harald Riedel kündigte in diesem Zusammenhang überraschend an, dass der marode Pegnitzsteg in Oberbürg noch in diesem Jahr von SÖR saniert wird. Das hatten zunächst die Bunten beantragt. Der Hopfengartensteg in Eibach ist im nächsten Jahr an der Reihe, so OB Ulrich Maly. Die Grünen hatten zuvor scharfe Kritik daran geäußert, dass im Haushalt 2010 kein Geld für die Sanierung des Kettenstegs enthalten ist.

Die EDV-Pauschale für die städtischen Schulen wird auf Antrag von SPD und CSU um 95 000 Euro angehoben. Die beruflichen Schulen erhalten den gleichen Betrag ebenfalls für die EDV-Ausstattung. Die Mehreinnahmen durch die Verlängerung der Parkgebührenpflicht von 18 auf 20 Uhr von 400 000 Euro sollen zur Hälfte für den Fahrradbereich ausgegeben werden; die andere Hälfte fließt in den Gesamthaushalt.

CSU und SPD wollen sich beim Freistaat für eine bessere Förderung von Sportvereinen einsetzen. Einer der größten Anteile bei den Investitionen ist die energetische Sanierung öffentlicher Gebäude. Allein das Neue Gymnasium bekommt aus diesem Topf 6,2 Millionen Euro. 200 000 Euro werden auf Antrag der SPD mehr für Straßenbäume ausgegeben.

Dass ein Posten im Etat des Kulturreferats dem spitzen Bleistift des Kämmerers entkommen war, deckte ein Antrag des Guten Grosse-Grollmann auf. Er monierte nämlich, dass nicht an Zuschüssen für diverse Großveranstaltungen gespart wird. Die im Haushaltsentwurf vorgesehene Summe von 572 100 Euro will Grosse-Grollmann auf 507 700 Euro reduzieren - zugusten kleinerer Kulturinitiativen. «Da ist uns tatsächlich etwas durchgerutscht», erwiderte OB Maly. Doch von «Spontankürzungen» wollte er während der Haushaltssitzung, vor allem weil Kulturreferentin Julia Lehner wegen Krankheit fehlte, dann doch lieber absehen. Und schließlich, fügte er hinzu, sei Kultur keine reine «Blumenkranz-Abwurfstelle». Was nicht heiße, dass das Thema Großevents im Kulturausschuss nicht demnächst zur Sprache kommen solle.

Enttäuscht zeigten sich die Grünen darüber, dass ihr Antrag für die Anschubfinanzierung eines Klimaschutz-Konzepts in Höhe von 50 000 Euro keine Mehrheit fand. Umweltreferent Peter Pluschke bedauerte ganz offen, dass das Thema Klimaschutz in den Reden der beiden großen Parteien keine Erwähnung fand. «Dabei haben wir in diesem Bereich große Verpflichtungen übernommen.» Die Kritik wollte Maly so nicht stehen lassen und wies darauf hin, dass das Engagement der Stadt auch ohne die von den Grünen geforderten 50 000 Euro sehr hoch sei.

Hitzig diskutiert wurde ein Antrag der CSU, unter anderem dem Mädchentreff in St. Leonhard und dem Internationalen Frauen- und Mädchenzentrum in Gostenhof die Zuschüsse in den nächsten drei Jahren um jeweils drei Prozent zu kürzen – wenn sie nicht dazu bereit sind, ihre Einrichtungen in einen «Hort Plus» umzuwandeln. Letztlich einigte sich die Stadtratsmehrheit darauf, den Trägern noch Bedenkzeit zu geben und dann über die Kürzung der Zuschüsse zu entscheiden.

Drei Tage waren für die Beratungen angesetzt, am Ende waren sie nach knapp acht Stunden vorbei. Mit großer Mehrheit und sichtlicher Erleichterung wurde der Haushalt beschlossen – gegen die Stimmen der Grünen, der Linken und der Initiative Ausländerstopp. Man lobte sich gegenseitig für die faire Diskussion und ging mit den Worten des Kämmerers nach Hause: «Nach den Haushaltsberatungen ist vor den Haushaltsberatungen.»

Gabi Seitz und André Fischer